Bürgerbegehren zur Neustrukturierung der imland gGmbH
Offener Brief, Eckernförde, 20.06.2022
Sehr geehrte Frau Ministerin Dr. Sütterlin-Waack,
in Ihr Ressort fällt die Entscheidung über die Zulässigkeit unseres Bürgerbegehrens.
Uns liegt die Stellungnahme des Landrats Dr. Schwemer zum Bürgerbegehren „Ja! im Land“ vor, das den Erhalt des bisherigen Krankenhausbetriebes an den Standorten Rendsburg und Eckernförde zum Inhalt hat.
Seiner Argumentation zur Ablehnung des Bürgerbegehrens liegen im Wesentlichen drei Begründungen zugrunde.
- Gutachterliche Äußerungen zur Wirtschaftlichkeit und zum Bedarf einer Grund- und Regelversorgung für den Krankenhaus Standort Eckernförde.
- Gutachterliche Äußerungen zur Sicherheit der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe in Eckernförde.
- Juristisch-verfahrenstechnische Bedenken hinsichtlich der notwendigen Änderungen des im März 2022 verfassten Krankenhaus-Bedarfsplanes für Schleswig-Holstein, sollte dem Bürgerbegehren stattgegeben werden.
Die Initiatoren des Bürgerbegehrens empfinden es als ihre Pflicht auf die folgenden Punkte hinzuweisen.
Ad3)
Der Krankenhausbedarfsplan wurde im Anschluss an die vorgezogene und unter hohem zeitlichen und landespolitischen Druck vorgenommenen Kreistagsabstimmung vom 14.02.2022 geändert.
Die von den Bürgerinnen und Bürgern als falsch aufgefasste, beschlossene Entscheidung des Kreistages für das Szenario 5 darf nicht Grundlage für eine konsekutiv falsche Änderung des Krankenhausbedarfsplanes sein. Sollte sich in einem Bürgerentscheid das Szenario 1 durchsetzen, müsste und könnte der Krankenhausbedarfsplan dementsprechend geändert werden.
Zudem darf der Kreis als Betreiber des Krankenhauses unabhängig vom Bedarfsplan Krankenhausbetten betreiben, wie er es bereits in der Vergangenheit getan hat (Schmerzklinik und Geriatrie am Standort Eckernförde). Die Finanzierung eines Krankenhauses ist also nicht auf das Vorhandensein von Planbetten reduziert und unterliegt somit nicht ausschließlich in der Entscheidungsgewalt des Gesundheitsministeriums. Daher ist die Argumentationskette zu Nr. 3 nicht schlüssig
Ad2)
Zurzeit läuft eine juristische Auseinandersetzung zwischen der Geschäftsführung der imland Klinik und dem Chefarzt der Gynäkologie/Geburtshilfe, die es letzterem zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erlaubt, öffentliche Gegendarstellungen und berechtigte Zweifel an dem Gutachten und dem Vorgehen der Geschäftsführung zu äußern. Auf Nachfrage hat uns das Team der Eckernförder Beleghebammen bestätigt, dass auch Sie bis heute keinerlei Einblick in die Ergebnisse der internen Untersuchungen erhalten haben und daher bislang keine Möglichkeiten hatten, dazu entsprechend Stellung zu nehmen.
Solange das Verfahren läuft, darf sich unserer Auffassung nach kein Nachteil für die Aufrechterhaltung der geburtshilflichen Klinik ergeben.
Zudem wäre jedwelche Fehleranalyse vielmehr Grundlage für eine Verbesserung zukünftiger Leistungen und nicht das Argument zur Schließung einer für das Kreisgebiet notwendigen Abteilung.
Mit der Risikoanalyse wurde für den Standort Eckernförde ein Leitfaden geschrieben, um – neben der landesweiten geschätzten Art der Geburtshilfe – auch organisatorisch eine Vorzeigeabteilung fürs ganze Land aufbauen zu können und damit – wie in der Vergangenheit – erneut ein Aushängeschild der imland gGmbH zu werden.
Von der vorschnellen Schließung sind nicht nur junge Familien und werdende Mütter betroffen. Allen Frauen jeden Alters aus Kappeln, Schwansen und in und um Eckernförde, wurde zeitgleich die wohnortnahe Frauenheilkunde weggenommen. Ein Wegfall, der insbesondere Frauen der älteren Generation große Sorgen bereitet und der Gleichstellung der Frauen im Kreisgebiet nicht gerecht wird. Dies wurde wiederholt auch von allen Gleichstellungsbeauftragten im Kreis Rendsburg-Eckernförde, leider erfolglos, moniert.
Sollte beispielsweise die Gynäkologie und Geburtshilfe in Schleswig aufgrund eines personellen Engpasses oder einer erneuten Verschärfung der epidemischen Lage oder Schlimmeres nicht arbeitsfähig sein oder gar der Kreißsaal sich bei der Leitstelle abmelden müssen, entsteht z.B. für die Frauen in der Region um Kappeln und Nordschwansen eine durchaus dramatische Situation. Die Verantwortung der ganzheitlichen medizinischen Versorgung darf an der Kreisgrenze keinen Halt machen.
Ad1)
Die von der Geschäftsführung der imland Kliniken in Auftrag gegebenen Gutachten und Analysen geben unterschiedliche Empfehlungen und lassen sich unterschiedlich interpretieren.
Was ihnen gemein ist, ist die Notwendigkeit einer massiven finanziellen Anstrengung zur Sanierung maroder Gebäude oder gar zum Neubau von Bettenhäusern.
Was allen Gutachten fehlt, ist die perspektivische Entwicklung der Stadt Eckernförde und ihres Umlandes. Junge Familien werden durch den Ausbau des Militärstandortes und Erschließung neuer Wohngebiete nach Eckernförde und das Umland ziehen, auch sie wollen medizinisch versorgt werden; ebenso die steigende Anzahl von Touristen, die jetzt schon zu einer zeitweiligen Überlastung der Versorgungsstrukturen führen. Ein Krankenhaus ohne belastbare chirurgische Kompetenz und ohne zentrale Notaufnahme wird diesen Aufgaben nicht gerecht!
Überrascht sind wir, dass nachweisbare Fehler und Unschärfen in der Versorgungs- und Bedarfsanalyse nicht korrigiert wurden – und dies, obwohl sie bei der Curacon GmbH, dem Geschäftsführer der imland gGmbh, dem Landrat und den Kreistagsfraktionen angezeigt worden sind. Wir empfinden dies als eine Vernachlässigung der Sorgfaltspflicht und wundern uns darüber, dass man den Ministerien ein punktuell strittiges Gutachten als Entscheidungsgrundlage vorgelegt hat.
Dass in der Versorgungs- und Bedarfsanalyse nur die Schließung der Geburtshilfe am Standort Eckernförde bewertet wurde, ist bei einer zehn Jahre anhaltenden Schließungsdebatte schon fast verstörend.
Eine objektive Bewertung kann unserer Meinung nach somit nicht erfolgt sein.
- Vor diesem Hintergrund ist die eigentliche Frage, was den Bürgerinnen und Bürgern des Kreises eine gute und wohnortnahe medizinische und geburtshilfliche Versorgung wert ist, und ob die Bürgerinnen und Bürgern bereit sind, ihre Steuergelder dafür auszugeben. Der Bürgerentscheid als Instrument der direkten Demokratie ist dafür ideal geeignet, den Politikern diese schwere und weitreichende Entscheidung zu erleichtern.
- Weit über 13.000 Bürgerinnen und Bürger des Kreises Rendsburg-Eckernförde und viele weitere in angrenzenden Gebieten haben sich in kürzester Zeit basisdemokratisch per Bürgerbegehren klar positioniert und damit ihren Wunsch, aber auch Ihre Sorgen zum Ausdruck gebracht. Sie wären zutiefst enttäuscht und verlören ihr Vertrauen in die Aufrichtigkeit der Demokratie in unserem Land, wenn ihr Bürgerbegehren in einer rein juristisch-verfahrenstechnischen Auseinandersetzung enden würde. Ein demokratisches Instrument für Bürgerinnen und Bürgern hat den Anspruch so gestaltet zu sein, dass die Bürgerinnen und Bürgern mit Ihrem Willen auch eine reale Chance haben, mit Ihren zur Verfügung stehenden Mitteln das Ziel zu erreichen. Anderenfalls handelt es sich um ein „Schein-Instrument“ ohne Daseinsberechtigung.
- In der Sache geht es um die berechtigte Sorge eines dramatischen Verlustes der wohnortnahen Grund- und Regelversorgung und einer erreichbaren Notfallversorgung sowie Gynäkologie und Geburtshilfe. Das geplante, im Eilverfahren abgestimmte, Szenario 5 kostet viel Geld, ist unausgegoren und in Teilen nicht umsetzbar. Es bedeutet den Weggang vieler standorttreuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und seine Umsetzung wäre irreversibel. Der beabsichtigte Bürgerentscheid könnte dies verhindern. Es ist nicht zu spät!
Mit freundlichen Grüßen
Jasmin Wenger Olaf Carstensen
Alle Informationen zum Bürgerbegehren unter: htps://www.buergerentscheid-imland.de